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Prof. Dr. Gerd Kothe

Ehemaliger LehrstuhlinhaberGerd Kothe

Institut für Physikalische Chemie
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Albertstraße 23a
D-79104 Freiburg

 

Büro 3005 FB
Telefon +49-761-203-6193
eMail gerd.kothe@physchem.uni-freiburg.de

 

Akademischer Werdegang

Gerd Kothe studierte Chemie an der Universität München und promovierte 1971 bei Herbert Zimmermann an der Universität Freiburg. Nach einem Aufenthalt als Postdoktorand an der Washington University bei S.I. Weissman kehrte er an die Universität Freiburg zurück, wo er sich 1977 habilitierte. 1981 nahm er einen Ruf auf eine Professur für Physikalische Chemie an der Universität Stuttgart an. Nach der Ablehnung eines Rufs an die Technische Universität Darmstadt wurde er 1994 zum Professor für Physikalische Chemie an die Universität Freiburg berufen.

 

Arbeitsgebiete

NMR-Untersuchungen der viskoelastischen Eigenschaften von Flüssigkristallen

Im Mittelpunkt stehen die Entwicklung und Anwendung neuer NMR-Methoden zur Charakterisierung von Mesophasen über einen extrem großen Längen- und Zeitskalen-Bereich. Von besonderem Interesse ist die Identifizierung und Charakterisierung langsamer Bewegungen in Flüssigkristallen. Diese niederfrequenten Prozesse spiegeln die Relaxation mesoskopischer Strukturen wider und werden durch die viskoelastische Natur des Mediums bestimmt. Neuere technische und methodische Entwicklungen in der NMR erlauben die detaillierte Untersuchung der viskoelastischen Eigenschaften einer Reihe von Mesophasen, einschließlich biologischer Membranen und flüssigkristalliner Polymere. Die Analyse von Impulsfrequenz-abhängigen transversalen Relaxationszeiten liefert Werte für die biegeelastische Konstante von verschiedenen Biomembranen, die Cholesterol und Proteine enthalten. 

Spin-Gitter-Relaxationszeit-Messungen in Abhängigkeit von Temperatur, Direktororientierung und Larmorfrequenz ermöglichen die Charakterisierung der komplexen Bewegungen dieser Systeme. Mit Hilfe von Impulsfrequenz-abhängigen transversalen Relaxationsmethoden können kollektive Bewegungen und viskoelastische Eigenschaften bei den üblichen hohen Magnetfeldern untersucht werden. Relaxationszeitmessungen in Kombination mit Rheo-NMR-Methoden werden eingesetzt, um praktisch alle viskoelastischen Parameter eines Flüssigkristalls zu bestimmen. Langsame Probenrotation kann zur Untersuchung von hochviskosen Flüssigkristallen verwendet werden. Für niedrigviskose Materialien benötigt man höhere Rotationsfrequenzen und einen speziellen Probenkopf, der zur Identifizierung von biaxialen Nematen herangezogen werden kann. Ziel der Forschungsaktivitäten ist es, mit Hilfe der Kernresonanz grundlegende Fragen zu klären im Zusammenhang mit der gezielten Herstellung von neuen Flüssigkristallen mit speziellen Materialeigenschaften.

 

EPR-Untersuchungen der Primärprozesse der Photosynthese

Die Primärprozesse der Photosynthese verlaufen über lichtinduzierte Radikalpaare als kurzlebige Intermediate. Wir untersuchen mit transienter und gepulster EPR bei 9.5 GHz (X-Band), 24 GHz (Q-Band) und 94 GHz (W-Band) die dynamische Struktur und Kinetik dieser Spezies. Dabei spielen Quantenphänomene, die bei diesen Radikalpaaren erstmals beobachtet wurden, eine große Rolle. Von unseren Untersuchungen erwarten wir eine Antwort auf die Frage nach den Ursachen für die hohe Quantenausbeute der Photosynthese, die von keinem biomimetischen Modellsystem erreicht wird.

Die Bildung von Quantenoszillationen in den Radikalpaaren der Photosynthese ist eine Folge der ultraschnellen Ladungstrennung ausgelöst durch einen kurzen Laserimpuls. Im zweidimensionalen transienten EPR-Experiment variiert die Frequenz der Nullquanten-Elektronenkohärenzen über dem Pulverspektrum. Die ausgeprägte Variation kann dazu benutzt werden, die dreidimensionale Struktur der Radikalpaare im ladungsgetrennten Zustand zu ermitteln (Strukturbestimmung auf einen Nanosekunden-Zeitskala). Mit gepulster X-Band EPR lässt sich der Bildungsmechanismus von Einquanten-Kernkohärenzen in den Radikalpaaren der Photosynthese aufklären. Diese Kohärenzen stehen in engem Zusammenhang mit photochemisch induzierter dynamischer Kernspinpolarisation (Photo-CIDNP), die detaillierte Information über die elektronische Struktur der beteiligten Kofaktoren  liefert.

 

Quantenkohärenz-Untersuchungen zum „Intersystem Crossing“ in Molekülen

Wir interessieren uns seit einigen Jahren für den Mechanismus des „Intersystem Crossing“ (ISC) in organischen Molekülen. Man ist bisher stets davon ausgegangen, dass nur Elektronenspins an diesem Prozess beteiligt sind. Unsere Quantenkohärenz-Untersuchungen zeigen jedoch, dass auch Kernspins entscheidend mitwirken. Sie mischen die Nullfeld-Triplettfunktionen der Elektronen während des ISC was zu einer großen NMR-Signalverstärkung im Hochfeld führt. Dies eröffnet neue Perspektiven für die Analyse von Photo-CIDNP in mechanistischen Studien photoaktiver Proteine.

Vor kurzem haben wir ein neues „Level-Anti Crossing“ (LAC)-Experiment für photoangeregte Triplettzustände vorgestellt, das die Erzeugung von Multiqubit-verschränkten Kernspinzuständen in molekularen Festkörpern ermöglicht. In diesem Experiment generiert ein Laserimpuls den Triplettzustand und initiiert die Verschränkung zwischen einem Elektronenspin und N hyperfeingekoppelten Kernspins. Die führt zu riesiger Kernspinpolarisation während einer ersten Evolutionsphase. Dann entkoppelt ein starker resonanter Mikrowellenimpuls den Elektronenspin von den Kernspins. Gleichzeitig bilden sich 2N Multiqubit-verschränkte Kernspinzustände. Durch den Einsatz von skalierbaren Quantengattern ist es möglich, die erzeugten Quantenzustände zu adressieren und kohärent zu manipulieren. Wir erwarten deshalb, dass das neue LAC-Experiment den Weg ebnet für Quanteninformations-Verarbeitung mit mehr als 1000 Multiqubit-verschränkten Zuständen. Die Gesamtzahl dieser Zustände hängt von der Zahl der I = ½ Kerne in einem organischen Molekül ab und lässt sich mit chemischer Synthese maßschneidern.